Sonntag, 18. Januar 2009

Tage am Ende der Welt






Auch Tage wie diese gibt es:

Nachdem wir in ein kaltes, gar nicht anmachendes Dorf: Santa Cruz del Quiche (4000 Einwohner, alles Indios) zur Übernachtung kommen, merken wir erst nach Einzug in unser neues Heim, dass es im Bad ekelhaftestens stinkt, so dass einem übel wird. TV hat es, aber gerade mal mit 2 englischen Sendern. Die frisch gekaufte Milch ist hinüber und das Brot ungeniessbar. In der Nacht muss der arme Ralph einige male von Bauchkrämpfen geplagt das Mittagessen auf stark verdünnte Weise von sich geben.

Als wir am Morgen diesem Ort entfliehen möchten, den Töff schön säuberlich wieder mit all unserem Kram beladen haben (dauert ca.45min), erfahren wir: der kürzeste Weg zu unserem nächsten Ziel: Coban, ist durch einen Erdrutsch (bei welchem 37 Menschen gestorben sind) unpassierbar und bleibt dies auch für zahllose Geröll-Abtransportier-Lastwagenladungen. Die anderen zwei möglichen Wege kann man auch nicht nehmen, da es zu gefährlich ist, weil heute Protestmärsche mit Strassenblockaden (gegen die korrupte Regierung) stattfinden. All diese Informationen haben wir durch das Befragen von zahllosen unterschiedlichsten Menschen mit ebenso unterschiedlichen Aussagen zusammengepuzzelt.

Also bleibt uns nichts anderes übrig als im Kaff, welches wir nur allzugerne verlassen hätten, nochmals ein neues Hotel zu suchen (ins Stinkloch zurück wollten wir nicht mehr). Im schliesslich gefundenen, nicht merklich besseren Schlag, sinken wir erschöpft auf die durchgelegene Matratze (durchgelegen=Becken und Kopf auf Holz) um auf den nächsten Tag zu warten, was wir tun, während ich dies schreibe.

Am nächsten Morgen nach einer sehr kalten feuchten Nacht, in welcher man (eher: frau;-) nicht einmal im Schlafsack warm bekam, geht’s unter die lau-kalte Dusche, brrrr (es gibt in Guatemala alle möglichen Wassertemperaturen, varierend zwischen: kein Wasser und nur heissem Wasser, meist jedoch eher gegen kalt tendierend.)

Am nächsten Morgen entscheiden wir „Zeit zu sparen“ und nehmen den mittellangen Weg mit anscheinend mittelschlechten Strassen... wir kommen innert 7h 100km weit mit waghalsigen Glanzleistungen von Ralph inkl. an einer zu steilen sandigen Stelle komplettes Abpacken des Motorrades, durch den Sand fahren, Gepäck nachtragen, wieder aufladen und weiter holpern über steilste Einweg-mit-Zweiwegverkehr-Schotterpisten.

Im Dorf in welchem wir Mittag essen (extrem zähes, altes Suppenhuhn) frage ich die Besitzerin, warum sie einem durch Gitterstäbe hindurch bedient. Darauf zeigt sie uns eine 5 cm grosse Messerstichnarbe am Hals und erzählt mit Tränen in den Augen, dass sie einst hier überfallen und niedergestochen wurde.

Am Abend schauen wir nach unserem ach so einfallsreichen Nachtessen (Suppe mit „Hörnli“ drin, am Vorabend mit „Müscheli“) spanisches Fernsehen (ca. 8 Kanäle, dürftige Bildqualität), dies nach einer erneut kalten Dusche. Als ich Ralph darauf aufmerksam mache, dass ich nun schon die dritte rote Riesenameise töten musste (2 cm lang und echt zäh, braucht mind. 5 Sandalenschläge und Quetscher!) und ich es langsam ungemütlich finde, sehe ich sie: eine ganze Armee Ameisen wollen den Tod ihrer Späher-Ameisen rächen, Hiiilfe!! Sie sind bereits in unseren Food-Sack gekrochen und wollen uns aushungern....:-(kreisch, kreisch, mit dem Insektenspray zum Massenmord!...

Am nächsten Morgen ist es bedenklich bewölkt, trotzdem fahren wir auf der Schrottstrasse (man stelle sich einen schweizer Feldweg in bedenklichem Zustand inkl. 20 cm tiefer Löcher und ebenso hohen Felsbrocken vor, nur dass sich die Strasse hier „Ruta nacional Nummer 5“ nennt) weiter Richtung Coban ...und ja, es beginnt zu regnen und ja das Kommunkationssystem macht wie immer schlapp, wenn es feucht und kalt ist und ja wir fahren mit Funkstille ca. 1h durch dicksten Nebel inkl. Nieselregen bei 10°(ist auf dem Töff nicht gerade lauschig warm..)

Jetzt, da es hier in Coban ca. 3 Tage dauerregnet (Das Phänomen nennt sich „Chipi Chipi“: Nieselregen... da fühlt man sich fast in die CH zurückversetzt....), müssen wir leider auf unsere nächste Sehenswürdigkeit warten (60 km Dreckstrassen – bei Regen unpassierbar): Semuc Champey, weils der Beat empfohlen hat (und wehe dir, wenn sich das Warten nicht gelohnt hat!). Dies in einem Zimmer ohne Fernseher:-(und feuchten Betten, Wänden, Frottetüchern, Kissen.. Wenigstens ist Ralph mit wenig happy! Er hat sich mal wieder ein neues Spielzeug gekauft: ein Modellfliegerlein, welches er im Moment gerad irgendwie am Töff anzukleben versucht. Ist das nicht süss???;-)

Mal sehen was wir morgen machen, ev. sündigen wir und kaufen uns ein mini-dvd-Laufwerk (die neusten Kinofilme raubkopiert kauft man hier an jeder Ecke für schlappe CHF 1.20 das Stück)...

Hier noch einige weitere Erlebnisse zum abhaken: Zimmer mit mehreren Riesenkakerlaken aus dem Abfluss der Dusche kriechend - ein anderes Zimmer ist so voll Schimmel, dass man bei der Besichtigung meint, es sei schwarz gestrichen und erst nach Einzug merkt, wie man sich getäuscht hat - oder an einem Tag 5 Salatteller-grossen schwarz-orangen Tarantulas begegnen (Gottseidank vom Motorrad aus und im Vorbeifahren) - Menschen sehen, welche unter der Korruption der Regierung leiden und viel mehr arbeiten (oder eher: 18 h pro Tag im eigenen Lädeli auf einen oder zwei Kunden warten) in ihrem Leben, als wir je werden und trotzdem nichts haben - etc. etc.

Trotzdem lohnen sich die Anstrengungen, denn man wird sich bewusst, wie bequem und angenehm man es eigentlich in der Schweiz haben kann... Seltsamerweise möchte ich momentan trotzdem überhaupt nicht zurück kommen, da mir die Einfachheit und Überschaubarkeit unseres derzeitigen Lebensstils gut tut. In einem Land wie Guatemala haben die Menschen eher „wirkliche“ Probleme (Feuerholz zum kochen und heizen finden im bereits zu 90% abgeforsteten Urwald, keine Schulplätze für die Kinder, Bandenkriminalität, etc.) statt Pseudoängste wie in der Schweiz (Möchte damit nicht sagen, dass man in der CH keine echten Probleme haben kann!!).

Heute haben wir nun tatsächlich ein externes DVD-Laufwerk gekauft (der Beschaffungsproblematik nach wohl das einzige in ganz Coban)! Nochmals 1,2kg mehr Gepäck... mal schauen, welch anderes Gepäck wir dafür opfern können. Wir Menschen sind halt schon Käufer und Sammler;-)... Dafür auch schon den ersten Film geschaut („Marley and me“ mit Jennifer Aniston - laaaaaaaaaangweilig!)

So viel geschrieben...excusez-moi, dies deshalb, weil ich „entdeckt“ habe, dass man ja auch Blogs vorschreiben kann;-) und natürlich wegen dem miesen Wetter, das einem „Zeit verschafft“...

Die besten Wünsche aus der Ferne! RaKim

Sonntag, 11. Januar 2009

Guatemala (und Hutmode 2009)








Willkommen im 2009! Habe soeben mal kurz unsere Blogstatistiken angeschaut: demnach haben wir einen (1) regelmässigen Leser (HERZLICHE GRATULATION UND VIELEN DANK FÜR DEINE TREUE ISSAM (SAM U RULE!). Naja, euch anderen kann mans auch nicht verübeln, da wir ja selber zu den unregelmässigsten Blogschreibern des www zählen. Wir versuchen uns jedoch in Zukunft zu bessern und haben dafür auch schon Massnahmen geplant (siehe Thema "Fotokamera" weiter unten), also bessert euch besser auch. Unser Ziel bis Mitte 2009 ist nach Statistik mindestens 3 regelmässige Abonnenten zu erreichen!
Seit ca. 1 Woche erholen sich unsere Nacken- und Rückenmuskeln von den Reisestrapazen im schönen wenn auch sehr touristischen Antigua, Guatemala. Bald ziehts uns jedoch weiter nach Süden via Honduras nach Puerto Rico.
Mittlerweile kennen wir schon eine ganze Schar Gleichgesinnter, welchen wir ab und zu per Zufall oder geplant begegnen auf unserem Weg nach Südamerika. Viele Deutsche, einige davon in ihren 60ern, fahren mit ihren Motorrädern kreuz und quer durch die Landschaft Mittelamerikas. Dann gibts erstaundlich viele Italiener, von welchen wir Luca und Monia aus Rimini zu unseren neuen Freunden zählen dürfen. Sie fahren wie wir zusammen auf einem Motorrad bis nach Panama und bisher haben wir sie bereits 5 bis 6 Mal getroffen. Ein echter Glücksfall für uns war nach unserem 1. Aufeinandertreffen an der Grenze von Tijuana unser 2. Treffen in einem verschlafenen Pazifiknest etwa 2000 km weiter südlich und 3 Wochen später: Kim und ich wollten unbedingt eine Bootstour durch die nahen Mangrovenwälder unternehmen. Allerdings wollte der "Capitan" nur mit mindestens 4 Touristen losfahren. Also warteten wir geschlagene 3 Stunden, weil "jetzt dann sicher gleich noch mehr Touristas kämen...". Als wir schon aufgeben wollten und den Preis für 4 Personen zahlen wollten kamen die zwei Italiener mit einem anderen Boot um die Ecke gebraust und luden uns zu sich an Bord ein. Da braucht man verzweifelt einen Touristen und keiner kommt und stunden später begegnen einem die einzigen Menschen, die man in Mexiko überhaupt kennt!
Die Beiden reisen seit 10 Jahren jeden Winter für 5 Monate in der Weltgeschichte herum... Wie sie das machen? "We rent chairs and umbrellas." - Stellt sich heraus, dass ihnen ein Stück Strand in Rimini gehört und da man in Rimini den Strand nicht ohne die Miete von Liegestühlen und Sonnenschirmen betreten darf, reichen die Mieteinnahmen des Sommers locker für die ganze Familie. Nicht schlecht!
Dann darf sich Kim seit Vorgestern stolz "Motorradfahrerin" nennen! - No panic: wir haben (noch) kein Motorrad für sie gekauft aber ihre ersten 3 Fahrstunden hat sie mit dem erfolgreichen einlegen des 2ten Ganges (inkl. anfahren, wenden, schalten) mit Bravour bestanden. Ursprünglich wollte ich dafür eine Maschine bei einem offiziellen Vermieter für über 50 Stutz mieten. Kim fand das jedoch zu teuer und den Vermieter "zu unsympathisch" und fragte darauf irgend so einen wildfremden Typen, welcher da mit seiner 125er Suzuki anzubrausen kam ob wir nicht sein Motorrad ausleihen dürften. Dank Kims freundlichem Lächeln, meinem äusserst vertrauenswürdigen Aussehen und seinem blinden Gottvertrauen haben wir seine Maschine (inkl. Fahrzeugpapiere) für 20 Franken einen Nachmittag lang entführt, ohne dass dieser im entferntesten etwas über uns in der Hand gehabt hätte... Naja, wir sind ja auch Schwiizer und brachten das Motorrad unbeschädigt und vor allem pünktlich zurück.
Jetzt gibts noch Kleinigkeiten zu erledigen wie eine neue Fotokamera kaufen (die alte (neue) ist zu klobig und kann nur mit scheissteuren und praktisch nie erhältlichen nicht-aufladbaren Spezialakkus betrieben werden (für einmal am falschen Ort gespart, KAUFT NIE KODAK-WARE!). Mit dieser drastischen Mutation in unserem Inventar erhoffen wir uns den Durchschnitt an pro Tag geschossenen Bildern von 0,12 auf 3,0 oder mehr zu erhöhen wovon natürlich nicht zuletzt der geneigte Blogleser profitieren wird...
Gruss aus der Ferne
Ralph und Kim